Es gibt unterschiedliche Wege, mit einer Erkrankung umzugehen. Deutschland gehört traditionell zu den Ländern, in denen Kranke in ein "Krankenhaus" untergebracht werden, um dort versorgt zu werden. War diese Form der Versorgung zunächst nur für schwere Erkrankungen gedacht, hat sich im Laufe der Jahrzehnte ein "Markt" für leichtere Erkrankungen entwickelt, die nun auch von den hohen Vergütungen stationärer Behandlungen profitieren.
Die Auswirkungen sind paradox und gefährlich zugleich. Die gleiche Operation erbringt im Krankenhaus bis zu 60% mehr Erlös, nur weil der Patient nach dem Eingriff 2 Tage auf einer Normalstation liegt. Hier sieht er einmal, vielleicht zweimal am Tag einen Arzt für einen Verbandswechsel und Medikamente. Die gleiche Leistung könnte ambulant erfolgen. Mit dem Vorteil, dass der Patient in seiner gewohnten Umgebung und ohne das Risiko von Krankenhausinfektionen genesen kann.
Ärzte, die eigentlich ganz genau wissen, dass die Patienten zur weiteren Heilung keine stationäre Betreuung benötigen, müssen so Argumente "erfinden", um den Krankenkassen, dem Medizinischen Dienst und vor allem dem Patienten zu überzeugen, "doch besser stationär zu bleiben". Dieser Fehlanreiz sorgt auch für Konflikte innerhalb erfahrener Profis, Ärzte werfen sich gegenseitig vor, dass die eine oder andere Behandlungsform sicherer oder effizienter wäre. Eine Diskussion, die ganz schnell vorüber wäre, wenn sich die Krankenkassen und/oder der Staat aus der Frage heraushalten würden, wie lange ein Patient im Krankenhaus liegen muss bzw. die Vergütung einzig und alleine an der Leistung und dem Erfolg messen lassen würden. Dieser Schritt wäre jedoch dermaßen tiefgreifend, da er hunderte bis tausende Krankenhausbetten einsparen würde, dass alle Versuche einer Reform der Vergütung bis heute gescheitert sind. So lange heißt es weiter "Ambulant gegen Stationär", wo es doch längst um einen Wettbewerb im Ergebnis und der Kosten/Nutzen-Relation gehen sollte, um die beste Form der Versorgung für alle zu gewährleisten.