Heute, an einem "Brückentag" haben viele Vertragsärzte angekündigt, ihre Praxis nicht öffnen zu wollen. Ich kann diese Entscheidung nachvollziehen. Eine unsägliche Diskussion mit den Krankenkassen und vor allem der Politik ignoriert wieder einmal die Forderungen nach leistungsgerechter Bezahlung durch Wegfall der Budgets und eine Reduzierung der Bürokratie.
Ich habe jedoch meine Kassenzulassung im April 2023 zurückgegeben und bin seither in der Sprechstunde nur noch als sog. Privatarzt tätig. Ein seltsamer Begriff, denn ich behandle selbstverständlich weiter jeden Patienten. Allerdings kann ich die Abrechnung nicht mehr über die Kassenärztliche Vereinigung einreichen, sondern stelle meinen Patienten eine moderate Rechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte. Und erlaube mir, falls sich Patienten diese nicht leisten können, in ca. 10% der Fälle pro bono zu behandeln. Dieser Weg ist nicht einfach, er benötigt viel Geduld beim Erklären und auch Verständnis für angestaute Wut von Patienten. Trotzdem bin ich froh, diesen Weg gehen zu dürfen.
Denn, das was heute passiert, habe ich in den vergangenen 15 Jahren schon häufig erlebt. Unter wechselnden politischen Konstellationen hat sich der Vertragsarzt immer mehr zu einem quasi angestellten Staatsarzt entwickelt. Dabei steht das Geld nicht im Mittelpunkt der Unzufriedenheit: es ist das Hamsterrad mit grotesk kurzen Behandlungszahlen je Patient, die fehlende Transparenz und die aberwitzige Bürokratie, die den freien Arztberuf ad absurdum führt. Dabei sind die Ärzte aber auch selber Teil des Problems, überlassen Sie doch in vielen, nicht allen (!), KVén und Berufsverbänden inzwischen Funktionären das Sagen. Auch der heutige Streik wird daran nichts ändern. Das System von Abhängigkeit, Profiteuren und Intransparenz ist längst nicht mehr von innen reformierbar.
Selbstverständlich öffne ich auch heute meine Praxis. Wie auch am Wochenende und Feiertagen. Denn für Patienten, die bereit sind, für meine Leistungen direkt zu bezahlen, muss ich erreichbar sein. Sie erwarten, dass ich mir Zeit nehme und eine Lösung für Ihr Problem finde. Die direkte Leistungsbeziehung setzt wieder in Kraft, was eine gute Arzt-Patienten-Beziehung ausmachen sollte: fachlicher Wettbewerb, Streben nach Effizienz, Transparenz der wechselseitigen Leistung, gegenseitigen Respekt.
Ich habe große Achtung vor meinen Kollegen, die sich weiter durch das KV-System kämpfen und wünsche Ihnen Erfolg. Den von mir gewählten Weg möchte ich auch nicht als Blaupause darstellen. Aber ich werde heute am Patienten arbeiten, an statt mich mit Akteuren wie dem Gesundheitsminister und Funktionären in der ärztlichen Selbstverwaltung auseinanderzusetzen.