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Die Rolle der kassenärztlichen Vereinigungen

Gero Strauss • 11. März 2023

... und der Konflikt mit der Realität

Die Kassenärztliche Vereinigung ist für die Organisation der Versorgung von "Kassenpatienten" die Verteilung der Honorare und die Einhaltung der vielfältigen Regelungen in diesem gewaltigen Markt von mehr als 38 Milliarden EUR pro Jahr zuständig. Und da bis zu 50% der Gelder aus Steuermitteln kommen, sind die KV gleichzeitig den Patienten; den Beitragszahlern, vertreten durch die Krankenkassen; dem Staat und den Leistungserbringern verpflichtet.

In den 1930er Jahren gegründet, 1955 letztmalig reorganisiert vertreten die KV ein System, in welchem sich "selbstständige" und "niedergelassene" Ärzte weitgehend in Selbstverwaltung um die Patienten kümmern. Um die finanziellen Mittel möglichst gerecht zu verteilen, aber auch um die ausufernden Kosten in den Griff zu bekommen wurden seit 1990er Jahren zunehmend planwirtschaftliche Instrumente, wie die Budgetierung von Leistungen eingeführt. Dadurch resultiert faktisch eine institutionelle Festlegung von Honoraren für Ärzten. In Deutschland hatte man dadurch ein Zwei-Klassen-System der Medizin zementiert: die Basisversorgung aller möglichen medizinischen Probleme im ambulanten Markt und die weitaus teurere spezielle Versorgung im Krankenhaus.


Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, hat der im KV-System tätige Arzt mit einer Vielzahl von Konflikten zu kämpfen, wenn er die traditionellen Strukturen einhalten und gleichzeitig die vielfach geforderte Modernisierung des ambulanten Gesundheitssystems umsetzen möchte. Einige praktische Beispiele sollen nicht als Vorwurf an die KV, sondern als Anregung, es gemeinsam besser machen zu können, verstanden werden.


  1. Wer wachsen will, muss sich teilen. Das "MVZ": Es genügt als Arzt nicht, die notwendigen Lizenzen (Vertragsarztsitze) zu erwerben und diese mit angestellten Ärzten zu besetzen. Dafür müssen im KV-System zunächst "Medizinische Versorgungszentren" gegründet werden. Den vorläufigen Höhepunkt der Bürokratie stellen die fachgleichen MVZ mit zwei halben Vertragsarztsitzen dar. Dafür müssen Sie nur 2 Fachärzte eines gleichen Faches finden, die bereit sind, halbtags zu arbeiten. Sollte einer der beiden ausscheiden, kann auch nur auf diese Weise nachbesetzt werden. Den Sinn dieser Regelung kann auch der wohlmeinendste Funktionär nicht erklären, indes führt kein Weg an dieser innovationsfeindlichen Hürde vorbei.
  2. Wer mehr arbeiten will, darf das nicht überall tun. Die "Stundenregel": Ärzte wollen Patienten behandeln. Am besten dort, wo die Patienten wohnen und der Bedarf gegeben ist. Dafür bieten sich auch zusätzliche Praxisstandorte an, die der Arzt z.B. wenige Stunden pro Woche bedienen kann und dazu auch einen gut ausgebildeten, erfahrenen Assistenzarzt einsetzen könnte. Unterstützt durch Audio-Video-Übertragung könnte der Vertragsarzt jederzeit zu Hilfe geholt werden. Diesem Unterfangen steht jedoch die "Stundenregel" der KV entgegen. Danach dürfen die Sprechstunden der Nebenbetriebsstätten die Stunden der Hauptbetriebsstätte jedoch nicht überschreiten. Das führt dazu, dass man gezwungen wäre, an einem Ort sehr viele Ärzte auf einen "Haufen" anzusiedeln, nur um die Grundlagen für -meist sehr aufwändige- NBST zu schaffen. Merken Sie etwas? Man könnte eine -durchaus berechtigte- Leistungsbegrenzung auch durch ein Eingrenzen der abrechenbaren Leistungen erreichen, die es übrigens schon gibt. Dann dürften Ärzte auch dort tätig sein, wo es Patient und Arzt wünschen.
  3. Wer lernen will, darf das nur wie früher. "Die AiW-Regel": Für den Einzelkämpfer Arzt ist es nachvollziehbar, dass ein jüngerer Kollege für ein bis zwei Jahre an dessen Seite die Finessen des Faches erlernt. Moderne "MVZ" verfügen über eine Vielzahl von Standorten, Sprechstunden, Operationssäle, Gerätetechnik, Labore, Spezialsprechstunden. All diese werden von unterschiedlichen Vertragsärzten betrieben, die liebend gerne eine Rotation der Assistenzärzte und damit eine längere Ausbildung im "ambulanten" System ermöglichen würden. Denn, Ausbilden macht Freude, für den Trainer und den Trainee gleichermaßen. Ausbildung hält das Fach am Leben und motiviert auch "altgediente" Kollegen, das Wissen aufzufrischen. Die aktuellen KV-Regeln verbieten strikt den ungenehmigten Wechsel eines AiW innerhalb eines MVZ oder Praxisverbunden. Nur nach frühestens 6 Monaten dürfte ein Arzt in Weiterbildung den zuständigen Ausbilder wechseln. Eine Forderung, die schon alleine durch die große Rotation der AiW, aber auch die Inhomogenität der Spezialgebiete nicht mit der Realität zu vereinen ist.



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