Proteine sind die Bausteine für alles, was unseren Körper ausmacht: Haare, Haut, Auge, Ohren, Herz, Lungen, etc. Diese Proteine wiederum werden durch 19.969 Gene kodiert, die mit 3 Milliarden Basenpaare der DNA auf 46 Chromosomen alle Merkmale eines menschlichen Körpers beschreiben.
Ist es tatsächlich so, dass wir mit den Genen unseren Körper mit all seinen Facetten beschreiben und Krankheiten, quasi nicht-invasiv feststellen können?
Als im Jahr 2003 alle Gene beschrieben waren, ruhten die Hoffnungen auf der besseren Erklärung, Vorhersage und Behandlung von Erkrankungen. Diese Euphorie, die unter Genbiologen immer schon umstritten war, ist inzwischen einer Ernüchterung gewichen. Denn, zwischen dem DNA-Bauplan und der tatsächlichen Ausprägung von Gewebe und Organen passiert so viel, dass das Ergebnis weit von den Anlagen abweichen kann. Trotzdem hat die Genbestimmung große Potentiale, solange folgende Einschränkungen berücksichtigt werden:
- Die Zuordnung von Genen für bestimmte Organe steht noch ganz am Anfang. So sind Hunderte bis Tausende Gene für einzelne Organe zuständig, die aber erst in einer ganz bestimmten Kombination Sinn machen. Diese eigentlichen Genkombination für Organe sind im wesentlichen noch immer unbekannt. Statt dessen sind einige Signal-Gene identifiziert, die mit ausgewählten Anlagen und Erkrankungen korrelieren können. Hier liegen noch enorme Forschungsaufgaben vor der Wissenschaft.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte genetische Anlage auch zur Ausprägung einer bestimmten Anlage oder Erkrankung führt, variiert enorm. Die komplizierten Mechanismen bei der Umsetzung des Bauplans, aber vor allem die sonstigen Einflussfaktoren machen die Vorhersagewahrscheinlichkeit auf der Grundlage des DNA-Bauplans teilweise sehr unsicher.
In der HNO-Heilkunde sind momentan folgende Indikationen für Genbestimmungen als hilfreich einzuschätzen. Diese Übersicht ist nicht abschließend und muss ständig ergänzt und überarbeitet werden:
Bei der Beurteilung der Genbestimmung für die HNO zeigt sich ein Konflikt, der die Rolle der Genetik im Moment für die praktische Medizin, nicht nur in der HNO, sehr einschränkt: genetische Faktoren sind nur ein Teil des komplexen Puzzles unseres Körpers, seiner Organe und Funktionen. Andere Faktoren können unabhängig von diesem Bauplan ganz entscheidende Veränderungen bewirken und den Wert der Genbestimmung mindern. Die genetische Veranlagung legt eben nur die Grundlage fest, aber individuelle Unterschiede und Umweltfaktoren beeinflussen den endgültigen Zustand signifikant. Der menschliche Körper in seinem Aufbau und Funktion, der ständigen Regeneration und den Alterungsprozessen ist viel komplexer. Hier reihen sich die DNA-Tests als einigermaßen neue Maß- und Vorhersagemethoden ein.
Der Nutzen von DNA-Tests ohne ärztliche Begleitung ist auch deshalb umstritten. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft und Genauigkeit dieser Tests, die jedoch trotzdem breit beworben werden. Die Qualität und Zuverlässigkeit der Ergebnisse können variieren, und es ist unklar, wie gut die angebotenen Empfehlungen tatsächlich auf individuelle Fragestellungen zugeschnitten sind.